Dank an die Adoptivmutter: Dr. Jeff Steinweg auf dem Jüdischen Friedhof
Ende April 2025 besuchte der Arzt Jeff Steinweg aus Sidney/Australien die ehemalige Heimat seiner Vorfahren väterlicherseits. Sein besonderes Anliegen war es, am Grab von Isabella Steinweg geb. Eppstein zu stehen, die 1928 mit 44 Jahren verstorben war. Sie war die Adoptivmutter seines Vaters Ernst Steinweg.
Ernst Steinweg – ein Holocaustüberlebender – war als Waise litauischer Eltern von dem Ehepaar Adolf und Isabella Steinweg adoptiert worden. Er hatte seinen eigenen Kindern, u.a. Jeff Steinweg, viel von der Fürsorge seiner Adoptivmutter berichtet. Dass der damals 6-jährige Ernst bei ihrem Tod die Ordensauszeichnung seiner Adoptivmutter zum Grab trug, hatte sich diesem tief eingeprägt so wie auch das intensive Nachdenken über die würdige Ausgestaltung ihres Grabsteines mit den Eckvoluten.
Dr. Jeff Steinweg berichtete auch über aufregende Diskussionen anlässlich der Deportation seines Vaters Ernst nach Riga. Während der Deportationsvorbereitungen stellte die Gestapo die ausländische Staatsangehörigkeit des Vaters Ernst fest. Diese Personen sollten vermutlich wegen befürchteter internationaler Komplikationen, von einer Abschiebung in den Osten ausgenommen werden. Vor die Entscheidung gestellt, das Schicksal mit seinen Eltern zu teilen oder sich auf die Suche nach litauischen Verwandten zu begeben (der Überfall deutscher Truppen auf die Sowjetunion war bereits in vollem Gange), entschied Ernst Steinweg sich, bei seinen Eltern zu bleiben, obwohl ihm gleichzeitig ein bisher unbekannt gebliebener Lehrer in Münster seine Unterstützung zum Untertauchen zugesagt hatte. Da Ernst Steinweg ablehnte, versorgte ihn der Unbekannte vor der Deportation mit Rucksack und Nahrungsmittel für die Fahrt.
Dr. Jeff Steinweg, ein Pensionär in den Siebzigern, suchte in Münster noch weitere Orte auf, die ihm aus den Schilderungen seines Vaters Ernst bekannt waren (Herz-Jesu-Viertel, Sonnenstraße, Hafengelände, die Marks-Haindorf-Stiftung am Kanonengraben). Die Erinnerungen seines Vaters an seine Jugend in Münster, an das Überleben im Ghetto Riga und an den Neuanfang in Australien sind konzipiert und werden voraussichtlich im Laufe des Jahres 2025 in Australien publiziert.
